Es gibt weder Gutes noch Schlechtes;
erst das Denken macht die Dinge so
(frei übersetzt: W. Shakespeare)
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Die Alcazaba, eine Festungs- und Palastanlage oberhalb von Málaga |
Ines Meyrose hat vor einiger Zeit zur Blogparade zum Thema "Die schönen Seiten des Älterwerdens" aufgerufen, an der ich mich nun gerne beteilige. Viele Bloggerkolleginnen haben dazu auf ihren Blogs schon ihre Meinung kundgetan. Nach meinem Empfinden sieht man das Älterwerden mit 50 + aus einem anderen Blickwinkel als vielleicht mit Mitte 40. Denn es geht noch einmal verstärkt darum Vorstellungen über sein Äußeres und darüber wie das eigene Leben bis dahin gelaufen sein sollte loszulassen und sich von Dingen die plötzlich nicht (mehr) zu einem passen, zu verabschieden. Dabei kann es sich um Freunde oder den Partner von dem man sich weg entwickelt hat oder auch den Job handeln. Fragen wie: "Was ist mir wirklich wichtig?" oder" Wohin will ich eigentlich?" gewinnen stärker an Bedeutung als in den Jahren vorher, weil das Bewusstsein für die eigene Endlichkeit noch deutlicher wird. Solche Prozesse sind nicht immer einfach und oft auch mit Trauer und Traurigkeit verbunden.
Die Meinung vieler meiner Vorschreiberinnen, Älterwerden sei nichts für Feiglinge, teile ich bedingungslos. In einer Gesellschaft, in der Jugendlichkeit und Leistung einen so hohen Stellenwert hat, für sich persönlich schöne Seiten am Älterwerden zu entdecken, ist wahrhaftig eine Herausforderung. Insbesondere auch deshalb, weil wir uns ja wesentlich leichter damit tun, stets auf die negativen Seiten der Dinge zu schauen.
Eine der schönen Seiten des Älterwerdens ist für mich, dass sich der Blick auf die Dinge ändert und einem die Einzigartigkeit ganz anders ins Auge fällt und auch als solches in Erinnerung bleibt. Etwas so Besonderes wie z. B. die Alcazaba in Málaga gesehen zu haben, verliert dann an Selbstverständlichkeit. Das erfüllt mich mit großer Dankbarkeit für all die schönen Dinge, die ich sehen und erleben darf. Dem schließt sich an, dass ich mir erlauben kann, zu leben und Dinge zu genießen statt das Leben an mir vorbei rauschen zu lassen (wie
Sunny in ihrem Artikel zum Thema so treffend erwähnt). Es lässt mich erahnen, das nicht nur Dinge einzigartig sind, sondern jedem Lebenwesen ebenfalls diese Einzigartigkeit inne wohnt.
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Bewerbungsfoto zum beruflichen Wiedereinstieg |
Ob ich beruflich mein Potential voll ausschöpfe oder ausgeschöpft habe, darüber habe ich mir nie großartig Gedanken gemacht. Mir ist es wichtig, Spaß an dem zu haben was ich mache. Mit dem Begriff "sich unter Wert verkaufen" kann ich dabei wenig anfangen. Denn mit zunehmendem Alter verschieben sich die Werte und vor allem die (harten) Urteile sich und anderen gegenüber. Überhaupt betrachtet man die Dinge etwas nachsichtiger. Perfekt sein wird weniger wichtig sondern eher echt sein im Sinne von authentisch.
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Kleidungstechnisch ist hier schon viel mehr Farbe im Spiel |
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Den Augenblick zu genießen und zu feiern gehört ebenfalls zu den schönen Seiten des Älterwerdens |
Jedes Wochenende unterwegs sein zu müssen, ist längst passé. Momente die ich mit Menschen verbringen darf, die mit mir auf einer Wellenlänge schwimmen, empfinde ich als unendlich kostbar. Für Gespräche, die meinen Horizont erweitern, schlage ich mir gerne mal eine Nacht um die Ohren. Über den Tellerrand zu blicken ist viel unkomplizierter, wenn sich das Schubladendenken erst einmal minimiert. Das fällt im Alter oft leichter als in jungen Jahren. Denn hat man sich selbst schon mal in so einer Schublade wieder gefunden, führt das dazu die eigenen Urteile schneller zu hinterfragen oder ganz fallenzulassen.
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Blick auf den Hamburger Hafen in der Dämmerung |
Die Dinge so zu akzeptieren wie sie sind und damit gelassen umgehen zu können, ist ein Vorteil, den das Älterwerden ebenfalls mit sich bringt. Wir leben hier in Bayern als sogenannte "Zugereiste". Damit habe ich keinerlei Probleme. Spannend finde ich vielmehr, dass die Mentalität der Menschen in den unterschiedlichsten Gegenden Deutschlands so verschieden ist. So wie sich Landschaft und Natur zwischen Nord und Süd unterscheiden, so unterscheidet sich auch das Naturell der Menschen. Im Alter fällt es leichter solche Mentalitätsunterschiede mit Gleichmut zu betrachten. Sowohl die Landschaft als auch das Naturell der Menschen gefällt mir im Süden wie im Norden gleich gut. Es ist anders und damit weder besser noch schlechter.....
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Interessante Begegnung: Eine Oma aus Legosteinen im Legoland Günzburg |
Bekanntschaft mit den Klischees einer Oma und wie diese so aussieht durfte ich im Legoland in Günzburg machen. Inzwischen bin ich selber Oma und habe mit der aus dem Legoland wenig gemeinsam. Allerdings gehört das Omasein mit zu einer der schönsten Geschenke meines Lebens. Heute habe ich von meiner Enkelin ein Ständchen am Telefon bekommen. Sie hat mit ihren 2,5 Jahren "Chöre" von Mark Forster für mich gesungen. Das war das Highlight meines heutigen Tages. Während der Zeit, die ich mit meiner Enkelin verbringe, ist alles andere Nebensache für mich. Sie ist eine tolle Lehrmeisterin darin, mir aufzuzeigen, nur im gegenwärtigen Moment zu sein. Auch wenn sie lebhaft und anstrengend ist, die Zeit mit ihr genieße ich total. Denn im Gegensatz zu den eigenen Kindern, kann ich die Verantwortung für sie wieder abgeben.
Mutter und Oma zu sein sehe ich als Lebensmodell an, welches ich für mich gewählt habe (zumindest das Modell der Mutter 😉). Wer als Frau für sich ein anderes gewählt hat, hat sich diesbezüglich niemand anderem gegenüber zu erklären. Glücklicherweise leben wir in einer Gesellschaft, in der wir die Freiheit haben, als Frauen unseren Weg selbst zu wählen.
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Gleich geht's los: Am Flughafen vor dem Abflug nach Valencia
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Das mich mein Umfeld manchmal für "schrullig" hält ist mir ziemlich egal. Meine Meinung kann ich heute viel klarer und selbstbewusster vertreten als vor einigen Jahren. Ich muss mit der Tür, mit der ich dann ins Haus falle ja nicht gleich alle erschlagen. Überfahren lasse ich mich längst nicht mehr so schnell und ein X für ein U verkaufen, ist auch vorbei.
Das Älterwerden mit dem Herbst des Lebens zu vergleichen, halte ich für ziemlich realistisch. So wie der Herbst durchaus schöne und stürmische Zeiten mit sich bringt, kann es auch beim Älternwerden manchmal ganz schön stürmisch zugehen. Ob und wie jeder damit klar kommt, hängt sehr von der Einstellung zum Älterwerden ab. Erfreulich das unsere Generation längst nicht mehr daran gebunden ist, die Klischees der Alten aus den Generationen vor uns leben zu müssen.
Den Post beschließe ich mit der Rede, die Charlie Chaplin zu seinem 70. Geburtstag hielt und für mich sehr treffend die schönen Seiten des Älterwerdens aufzeigt:
Als ich mich selbst zu lieben begann,
habe ich verstanden, dass ich immer und bei jeder Gelegenheit,
zur richtigen Zeit am richtigen Ort bin
und dass alles, was geschieht, richtig ist –
von da an konnte ich ruhig sein.
Heute weiß ich: Das nennt man VERTRAUEN.
Als ich mich selbst zu lieben begann,
konnte ich erkennen, dass emotionaler Schmerz und Leid
nur Warnungen für mich sind, gegen meine eigene Wahrheit zu leben.
Heute weiß ich: Das nennt man AUTHENTISCH SEIN.
Als ich mich selbst zu lieben begann,
habe ich aufgehört, mich nach einem anderen Leben zu sehnen
und konnte sehen, dass alles um mich herum eine Aufforderung zum Wachsen
war.
Heute weiß ich, das nennt man „REIFE“.
Als ich mich selbst zu lieben begann,
habe ich aufgehört, mich meiner freien Zeit zu berauben,
und ich habe aufgehört, weiter grandiose Projekte für die Zukunft zu
entwerfen.
Heute mache ich nur das, was mir Spaß und Freude macht,
was ich liebe und was mein Herz zum Lachen bringt,
auf meine eigene Art und Weise und in meinem Tempo.
Heute weiß ich, das nennt man EHRLICHKEIT.
Als ich mich selbst zu lieben begann,
habe ich mich von allem befreit, was nicht gesund für mich war,
von Speisen, Menschen, Dingen, Situationen
und von Allem, das mich immer wieder hinunterzog, weg von mir selbst.
Anfangs nannte ich das „Gesunden Egoismus“,
aber heute weiß ich, das ist „SELBSTLIEBE“.
Als ich mich selbst zu lieben begann,
habe ich aufgehört, immer recht haben zu wollen,
so habe ich mich weniger geirrt.
Heute habe ich erkannt: das nennt man DEMUT.
Als ich mich selbst zu lieben begann,
habe ich mich geweigert, weiter in der Vergangenheit zu leben
und mich um meine Zukunft zu sorgen.
Jetzt lebe ich nur noch in diesem Augenblick, wo ALLES stattfindet,
so lebe ich heute jeden Tag und nenne es „BEWUSSTHEIT“.
Als ich mich zu lieben begann,
da erkannte ich, dass mich mein Denken
armselig und krank machen kann.
Als ich jedoch meine Herzenskräfte anforderte,
bekam der Verstand einen wichtigen Partner.
Diese Verbindung nenne ich heute „HERZENSWEISHEIT“.
Wir brauchen uns nicht weiter vor Auseinandersetzungen,
Konflikten und Problemen mit uns selbst und anderen fürchten,
denn sogar Sterne knallen manchmal aufeinander
und es entstehen neue Welten.
Heute weiß ich: DAS IST DAS LEBEN !
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Ein Hoch auf die schrulligen Alten oder wie seht ihr das? 😉